ICOM "Code of Ethics"
In der Begründung zum "Gesetzentwurf zur Ausführung des UNESCO - Übereinkommens vom 14. November 1970 ..." unter A. Allgemeiner Teil, I. Ausgangslage wurde darauf hingewiesen, dass die Vorgaben des UNESCO-Kulturgutübereinkommens und ihre Umsetzung mittels nationaler gesetzlicher Regelungen im Ausführungsgesetz im Gesamtzusammenhang mit den bestehenden zivil- und strafrechtlichen Regelungen zu sehen sind:
"Die Vorgaben des UNESCO-Kulturgutübereinkommens und die zu schaffenden Regelungen des Ausführungsgesetzes können nicht isoliert beurteilt werden, sondern sind im Gesamtzusammenhang mit den bestehenden zivil- und auch strafrechtlichen Regelungen zu sehen, die bereits derzeit dem Kulturgüterschutz zugute kommen. Die internationale Rechtshilfe in Strafsachen z. B. bietet ein Instrumentarium für die Rückgabe gestohlenen Kulturgutes an die Eigentümer im Herkunftsstaat. Über die zivil- und strafrechtlichen Regelungen hinaus sind außerdem die vielfältigen berufsständischen Verpflichtungen und Verhaltenskodices, die insbesondere für den Kunst- und Antikenhandel und auch für Museen (z.B. Ethische Richtlinien für Museen des ICOM) geschaffen worden sind, von Bedeutung."
Ungeachtet der bestehenden zivil- und strafrechtlichen (§§ 259 ff. StGB) innerstaatlichen Gesetzesregelungen und Klagemöglichkeiten, ist beim Handel mit illegalen Kulturgütern unbekannter Provenienz - es handelt sich nicht um Gegenstände des legalen Warenverkehrs, sondern in der Regel um Hehlerware und archäologische Bodenfunde aus Plünderungen und Raubgrabungen - nicht von einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung oder einem Eigentumsdelikt auszugehen, die sich durch Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer jederzeit "heilen" lässt.
Auch die Schutzwürdigkeit eines angeblich gutgläubigen Erwerbers illegalen Kulturgutes findet hier ihre Grenze. Nach dem Prinzip des Nichtwissenwollens handeln vielfach renommierte Auktionshäuser, bei deren Auktionen regelmäßig Objekte ungeklärter Provenienz auftauchen.
Plünderungen, Raubgrabungen und illegaler Handel lohnen sich allerdings nur, solange international eine Nachfrage besteht und Sammler für exquisite Kunst- und Kulturgegenstände horrende Summen zahlen und dies selbst dann, wenn es sich ganz offensichtlich um Hehlerware handelt. Weltweit werden gegenwärtig ca. 20 Mrd. Dollar im Kunsthandel umgesetzt. Sotheby's hatte 2004 insgesamt 2.694 Milliarden US-Dollar Umsatz, eine 59 %ige Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Hinzu kommt die Entwicklung eines gigantischen Schwarzmarktes für Hehlerware, dessen Umsatz nach Schätzungen von UNESCO rund 6 Milliarden US-Dollar beträgt.(vgl. IKA, Ausgabe 65/66, S.4)
Berufsständische Verpflichtungen und Verhaltenscodices
Offener Brief
ICOM - Deutschland bedauerte in einem Offenen Brief, dass der Arbeitskreis Deutscher Kunsthandelsverbände (ADK) in seiner Pressemitteilung "Kunsthandel im Spannungsfeld des Kulturgutschutzes" mangelnde Bereitschaft zeige, "dem illegalen oder ethisch zu beanstandenden Handel mit archäologischen Objekten wirksam entgegenzutreten."
Nationale Gesetzgebungen und Verhaltenscodices sind zwar notwendige Voraussetzung für die Umsetzung der UNESCO-Konvention, stellen aber noch keine Garantie für einen effektiven Kulturgutschutz dar.
Ethische Richtlinien
Zur Thematik "berufsständische Verpflichtungen und Verhaltenskodices" äußerte sich Prof. Dr. Günther Schauerte, stellvertretender Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, während des Internationalen Symposiums in Hamburg (22. -24 Mai 2006) dahingehend, dass sich alle staatlichen Museen in Deutschland durch den ICOM Code of Ethics zu einem "Minimum an ethisch korrekter "Einkaufspolitik" verpflichtet haben." (Zit.: Blosat, Lena: Internationales Expertentreffen zum Kulturgutschutz, Tagungsbericht 22.-24. Mai 2006, Hamburg, in: IKA, Ausgabe 65/66, August 2006. S.10).
Der erste vollständige "Code of Professional Ethics" wurde am 4. November 1986 in Buenos Aires (Argentinien) durch die 15. ICOM-Generalversammlung veröffentlicht. Am 6. Juli 2001 hat die 20. ICOM-Generalversammlung in Barcelona (Spanien) den "Code of Ethics for Museums" fortgeschrieben und in einer neuen Fassung in englischer und französischer Sprache verabschiedet. ICOM Deutschland hat zusammen mit ICOM Österreich und ICOM Schweiz im Mai 2003 eine deutsche Übersetzung herausgegeben. Die Einführung zu den "Ethischen Richtlinien für Museen von ICOM" beginnt mit folgenden Worten:
"Die "Ethischen Richtlinien für Museen von ICOM" (ICOM Code of Ethics for Museums) dienen der beruflichen Selbstkontrolle. Sie legen einen Mindeststandard an Verhaltensnormen fest, den alle Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter weltweit sinnvollerweise anstreben sollen. Gleichzeitig sagen sie klar aus, was die Öffentlichkeit berechtigterweise vom Museumsberuf erwarten darf. Zwar kann der Kodex keine Priorität vor der Gesetzgebung haben, aber wo nationale Gesetze zu den betreffenden Themen unklar formuliert oder nicht vorhanden sind, kann er quasi deren Rolle übernehmen."
Der Code of Ethics des Museumsverbandes ICOM verpflichtet insbesondere zur Absage an jeglichen Ankauf von Objekten ungeklärter Provenienz. Er setzt Maßstäbe für ethisch korrektes Handeln und verpflichtet gleichzeitig zur Achtung der Gesetze der Herkunftsländer, aus denen die Kulturgüter stammen. Auf diese Weise wird ein international anerkannter ethischer Mindeststandard als Ausgangsbasis für eine weltweite Kooperation der Museen entwickelt.
Das Restitutionsrecht des Staates
Die Problematik der durch den in internationalen Kunsthandel bewirkten illegalen Ausfuhr von Kulturgütern hat in den letzten Jahrzehnten immer größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und auch der Wissenschaft gefunden. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung "Das Restitutionsrecht des Staates nach illegaler Ausfuhr von Kulturgütern" von Stefan Turner - erschienen beim De Gruyter Verlag, Berlin et al. 2002 - ist das Recht des Staates auf Restitution von Kulturgütern, die illegal aus dem staatlichen Territorium ausgeführt wurden. Die rechtspolitischen Forderungen der Exportstaaten nach Restitution unerlaubt ausgeführter Objekte haben sich nunmehr in drei bedeutenden internationalen Dokumenten in immer stärkerem Maße durchgesetzt. Neben der Unesco-Konvention von 1970 sind hier die Unidroit-Konvention von 1995 und die Richtlinie der EU von 1992 zu nennen. Der Druck auf die Staaten wächst, den Abkommen beizutreten. Dabei hat die Konvention von 1970 durch das Vorhandensein der ungleich schärferen Unidroit-Konvention eine ungeahnte Wiederbelebung erfahren. (vgl. ibid., S. V)
"Le sujet traité dans ce livre, est le droit international de l' Etat à la restitution des biens culturels qui, soit en conséquence d'un vol, soit provenant de fouilles illicites ou même après une exportation illicite par le propriétaire lui-même, ont été exportés illégalement en temps de paix du territoire étatique. L'examen a pour but la compréhension dogmatique du droit de restitution, en attachant surtout de l'importance à la différentiation de ses diverses manifestations et contextes et aux catégories institutionnelles et notions juridiques qui sont utilisées afin de formuler et d'expliquer le droit de restitution dans ses différents aspects ..." (op.cit., ibid., S. 299)
Ohne Einbeziehung des Völkerrechts ist eine überzeigende Dogmatik des internationalen Kulturgüterrechts jedoch nicht zu erreichen.(vgl. ibid., S. V)
"Die Problematik wird in dieser Arbeit von einem völkerrechtlichen Ausgangspunkt her neu durchdacht. Weder die Rettung des nationalen Kulturerbes vor dem internationalen Handel noch die Förderung des freien Handels mit dem Ziel eines universellen Kulturaustauschs waren dabei das Anliegen des Verfassers. Das Ziel war allein eine auf der Grundlage des allgemeinen Völkerrechts, der Entscheidungen nationaler Gerichte über die Restitutionsforderungen der Exportstaaten und der internationalen Regelungen und Regelungsvorschläge beruhende, klare und systematische Dogmatik ..." (op. cit., ibid., S. V)
Sorgfaltspflichten gemäss Kulturgütertransfergesetz (KGTG)
Bis zur Inkraftsetzung des Kulturgütertransfergesetzes und der Kulturgütertransferverordnung am 1. Juni 2005 gab es in der Schweiz auf nationaler Ebene kein eigentliches "Kunstrecht". Durch die neuen Erlasse wird nun die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Kulturgut sowie seine Rückführung aus der Schweiz auf Bundesebene geregelt. Zudem wird die Übertragung von Kulturgut gesonderten Bestimmungen unterworfen.
Damit erhält die Schweiz auf nationaler Ebene zum ersten Mal ein spezialgesetzlich geregeltes "Kunstrecht", das den betroffenen Kreisen verschiedene, erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt.
"Wir nehmen die Inkraftsetzung des Kulturgütertransfergesetzes und dessen Verordnung zum Anlass, den davon betroffenen Kreisen, aber auch interessierten bzw. indirekt betroffenen Dritten einen rechtlichen Einblick in die nunmehr spezialgesetzlich geregelten Sorgfaltspflichten bei der Übertragung von Kulturgut im Kunsthandel und im Auktionswesen zu geben. Die Ausführungen werden mit praktischen Tipps ergänzt." (op. cit., Grell, Boris T., Plutschow, Mathias H.: Sorgfaltspflichten gemäss Kulturgütertransfergesetz (KGTG), Zürich et al. 2005, S. 5)
Die Arbeit konzentriert sich auf die in- und ausländischen, im Kunsthandel und im Auktionswesen tätigen Personen, die in der Schweiz gewerbsmässig mit Kunst Handel treiben und dabei unter Strafandrohung verschiedenen, erhöhten Sorgfaltspflichten genügen müssen. Privatsammler, die sich nicht gewerbsmässig im schweizerischen Kunsthandel engagieren, werden von den KGTG-Sorgfaltspflichten zwar nicht erfasst. Gleichwohl bietet die vorliegende Arbeit diesen Sammlern die Gelegenheit, sich über die neuen Bestimmungen des KGTG resp. dessen Verordnung ein Bild zu verschaffen.
Die Autoren äussern sich zum persönlichen, zeitlichen und sachlichen Anwendungsbereich des neuen Gesetzes und geben einen detaillierten Überblick über die neuen KGTG-Sorgfaltspflichten. Zudem ergänzen sie die Kommentierung der einzelnen neuen Sorgfaltspflichten mit wertvollen Empfehlungen und geben praktische Tipps zur Einhaltung der KGTG-Sorgfaltspflichten ab.