Afghanistan - Eine große Vergangenheit ... und die Zukunft ?
Die Kunstgeschichte Afghanistans - Ein Beitrag anlässlich der Ausstellung der Universitätsbibliothek Trier vom 18. Mai bis 15. Juni 1990
G. Djelani Davary, Wiesbaden
Die Erforschung der kulturellen und künstlerischen
Geschichte Afghanistans begann, verglichen mit den benachbarten
Ländern in der Region, relativ spät und war außerdem durch
Unterbrechungen gekennzeichnet. Zu Beginn der Tätigkeiten
(1922) hatte die französische archäologische Mission (DAFA)
eine gewisse Monopolstellung inne. Später nahmen auch
amerikanische, italienische, deutsche, sowjetische, japanische
und zuletzt auch afghanische Missionen an der Erforschung teil,
welche dann mit der sowjetischen Invasion 1979
endete.
Poetische Handschrift, Indo-persisch, 18./19. Jh.; Privatsammlung Fritz Mamier (Foto: Hans-Joachim Risto)
Auf zart goldgesprenkeltem Papier
wechseln sich Schriftfelder mit blumengeschmückten Zierleisten
ab. Die Verse in feinem, kalligraphischen Nasta'liq, sind in
zwei Kolumnen geschrieben; es kommt vor, daß mehrere Halbverse
- vordere und hintere - zusammengefaßt sind. Am Ende jeder
Seite sind beide Teile des letzten Verses zusammen in ein
mittleres Feld gerückt, so daß beiderseits etwas größere Felder
entstehen, in die hinein eine Vielfalt anmutig gemalter - und
deutlich voneinander unterscheidbarer - Vögel gesetzt sind. Die
Verzierung von Textseiten mit derartigen kleinen Bildchen geht
in die Zeit des Moghulkaisers Jahangir zurück. 14,5 x 8,5 cm,
mit Passepartout 20,0 x 12,5 cm
Die Ergebnisse der jahrzehntelangen Tätigkeit brachten
neue Erkenntnisse und gaben Auskunft über eine Reihe bis dahin
(in den literarischen Quellen) ungelöst gebliebener Probleme.
Es tauchten aber auch neue Fragen und Rätsel auf, deren
Lösungen weitere Ausgrabungen erfordern, die nach der
Befriedung der Lage in Afghanistan durchgeführt werden
müssen.
Da aber eine Wiederaufnahme der Forschungstätigkeiten
im Lande in absehbarer Zeit ungewiß ist und darüber hinaus der
zehnjährige Krieg viele historische Denkmäler zerstört
beziehungsweise beschädigt hat, erscheint es angebracht, sich
anlässlich der "Trierer Ausstellung" kurz mit der
Kunstgeschichte Afghanistans zu befassen. Bei meiner
Betrachtung werde ich neben den monumentalen, städtischen und
klösterlichen Zentren und den dekorativen Künsten auch
Inschriften, Münzen und Gebrauchsgegenstände heranziehen, da
deren Herstellung ebenfalls "künstlerische Befähigung"
voraussetzt, eine Tatsache, die kürzlich von einem bedeutenden
Wissenschaftler noch einmal unterstrichen worden
ist.
Quelle: G. Djelani Davary: Die Kunstgeschichte
Afghanistans, in: Afghanistan. Eine große Vergangenheit ... und
die Zukunft ? Kunst und Kultur aus Afghanistan von den
frühesten Zeiten bis in die Gegenwart. Ausstellung der
Universitätsbibliothek Trier vom 18. Mai bis 15. Juni 1990,
Ausstellungskataloge Trierer Bibliotheken Nr. 21. Hrsg. von der
Universitätsbibliothek und der Stadtbibliothek Trier 1990, S.
33-111 (S. 33)