Die Restitution von gutgläubig erworbenem Eigentum ...
Art. 7
Art. 7 lit. b) Ziff. ii)
Die Vertragsstaaten verpflichten sich, (...)
ii) auf Ersuchen des Ursprungsstaats, der Vertragspartei ist, geeignete Maßnahmen zur Wiedererlangung und Rückgabe solchen Kulturguts zu ergreifen, das nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für beide betreffenden Staaten eingeführt wurde, mit der Maßgabe, dass der ersuchende Staat einem gutgläubigen Erwerber oder einer Person mit einem gültigen Rechtsanspruch an dem Gut eine angemessene Entschädigung zahlt. Ersuchen um Wiedererlangung und Rückgabe sind auf diplomatischem Weg zu übermitteln. Der ersuchende Staat stellt auf seine Kosten die Unterlagen und Nachweise zur Verfügung, die zur Feststellung seines Anspruchs auf Wiedererlangung und Rückgabe erforderlich sind. Die Vertragsstaaten erheben auf das nach diesem Artikel zurückgegebene Gut weder Zölle noch sonstige Abgaben. Alle Kosten im Zusammenhang mit der Rückgabe und Zustellung des Kulturguts werden von dem ersuchenden Staat getragen.
Dies widerspricht nach deutschem Recht dem gutgläubigen Erwerb durch öffentliche Versteigerung (§§ 935 Abs.2 i.V.m. 383 Abs.3 BGB), der gutgläubigen Ersitzung (§ 937 BGB) und der Verjährung des Herausgabeanspruchs ( § 195 BGB). (vgl. Hipp, S.420)
Die §§ 932 ff BGB gewähren grundsätzlich dem Verkehrsschutz und dem Schutz des gutgläubigen Erwerbers den Vorrang. Das deutsche Privatrecht kennt kein Lösungsrecht. Mithin hätten diese Regelungen ferner zur Folge, dass der gutgläubige Erwerber gestohlenen Kulturgutes mit mehr Schutz bedacht würde als der Erwerber eines anderen beweglichen Gegenstandes, der einer Restitution ohne Entschädigung ausgesetzt wäre. Zudem erweist sich als problematisch, dass gemäß der Konvention für den Rückgabeanspruch keine Verjährung vorgesehen ist, so dass es im Hinblick auf einen rechtsgültigen Eigentumserwerb für den gutgläubigen Erwerb keinerlei Sicherheit gäbe.
In Art. 7 lit. b) Ziff. ii) S.1 der Konvention wird der Rückgabe des Kulturgutes Vorrang vor dem Schutz des gutgläubigen Erwerbers eingeräumt, da er die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, ein Lösungsrecht zugunsten des Herkunftsstaates einzuführen. Dieser Rückgabeanspruch umfasst registriertes und gestohlenes Eigentum öffentlicher Einrichtungen. Diesen sind privatrechtlich organisierte Museen und selbständige kirchliche Institutionen gleichgestellt. Anspruchsberechtigt ist der Herkunftsstaat des Kulturgutes. Als Anspruchsgegner gilt der belegene Staat.
Neben einem gutgläubigen Erwerber wird Personen mit gültigem Erwerbstitel Anspruch auf Entschädigung gewährt, d.h. Eigentumserwerb am herauszugebenden Kulturgut infolge Ersitzung oder Verjährung des Herausgabeanspruchs.
Beispiel: Öffentliche Versteigerung gem. §§ 935 Abs.2 i.V.m. 383 Abs.3 BGB (vgl. Hamburger Stadtsiegel-Urteil)
Ein für das deutsche Recht höchst interessanter Fall ist das bereits erörterte sog. Hamburger Stadtsiegel-Urteil.
Bei den im Kunsthandel üblichen Versteigerungen ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um freiwillige Auktionen oder um eine öffentliche Versteigerung im Sinne des § 383 Abs.3 S.1 BGB handelt. Bei freiwilligen Auktionen - diese vermag jeder beliebige Auktionator durchzuführen - gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb an gestohlenem Kulturgut ist hier nicht möglich. Handelt es sich hingegen um eine öffentliche Versteigerung, kann gemäß § 935 Abs.2 BGB gutgläubig Eigentum an gestohlenem Kulturgut erworben werden.
Der gute Glaube muss sich hier auf das Eigentumsrecht des Einlieferers und auf die Zulässigkeit der Versteigerung beziehen.
Nach der Legaldefinition des § 383 Abs.3 S.1 BGB muss eine öffentliche Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher oder einen zu Versteigerungen befugten Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich erfolgen. Als andere "öffentliche Versteigerer" sind die gem. § 34 b Abs.5 GewO allgemein öffentlich bestellten Personen in Betracht zu ziehen.
Fortsetzung: Völkerrechtliche Praxis ...
© Ulrike-Christiane Lintz, 01.03.2007