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Die Kunstgeschichte Afghanistans XII

Die Gründung des Afghanenreichs (1747)

Mit der Gründung des Afghanenreiches 1747 durch Ahmad Schah Durrani, der vorher der persischen Herrschaft des Nadir Afschar (1737-1747) im Land ein Ende gesetzt hatte, regierte wieder eine national unanhängige Dynastie, deren Nachkommen aus einem Nebenstamm bis 1973 im Land herrschten. In dieser Periode (in der sowohl die Eroberung Indiens als auch der spätere Bruderzwist und die Machtkämpfe mit territorialem Verlust stattfanden) entstanden im ganzen Land Bauwerke, die von zwei Stilrichtungen gekennzeichnet sind. Die eine zeigt fremde Einflüsse. Zu erwähnen ist hier vor allem der viktorianische Stil, der in einem bestimmten Zeitraum bei fast allen wichtigen Bauten vorherrschend war. Die andere Richtung ist die Fortsetzung der Tradition islamischer Kunst, bei der die Stile der einheimischen Künstler in solchem Maße Eingang fanden, daß daraus eine Art "Mischkunst" entstand. Hinzu kam noch die Tatsache, daß man aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit auf die teure und aufwendige Technik mit glasierten Ziegeln und Mosaikpaneelen verzichtete und diese durch Farbmalerei ersetzte. Ein gutes Beispiel dafür bietet die Moschee von Takhta Pol, westlich von Mazar-i Scharif, deren Wände und Wölbungen im Innenraum in kleine Kompartimente aufgeteilt und alle mit Farben wie Hellblau, Dunkelblau, Türkisblau, Hellrot, Dunkelrot und Grauschwarz bemalt sind.

Die Moschee von Takhta Pol

In sämtlichen Gewölbeteilen trägt jeder kleine Mukarnasteil seine eigene Blüten- oder Arabeskengruppe. Die Blendarkaden der Tamburzonen sind so bemalt, daß sie Fenstergitter vortäuschen und eine Fülle von Rauten-, Gitter-, und Flechtformen zeigen, die an indische Fensterverschlüsse des 17. Jahrhunderts erinnern (Abb. 42-43).
Abb. 43: Blick in die nördliche Kuppel der Moschee von Takhta Pol; Foto: G. Djelani Davary
Abb. 43: Blick in die nördliche Kuppel der Moschee von Takhta Pol; Foto: G. Djelani Davary
Die künstlerische Ausgestaltung solcher Bauten sind Zeugen einer langen Tradition islamischer Kunst in Afghanistan, die aufgrund der politischen Verwicklung in dieser Zeit mehr zum indischen als zum iranischen Kulturkreis tendiert. Aus dieser traditionellen Kunst bildete sich in den letzten Jahrzehnten eine Art "Volkskunst" heraus, in der die Wände von Privathäusern, Moscheen, Teehäusern, Geschäften und sogar die Karosserie der Lastwagen bemalt werden.
Abb. 42: Takhta Pol, 19. Jh. Moschee innen, Blick in die südliche Kuppel; Foto: G. Djelani Davary
Abb. 42: Takhta Pol, 19. Jh. Moschee innen, Blick in die südliche Kuppel; Foto: G. Djelani Davary

Quelle: G. Djelani Davary, ibid., S. 79