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Königin Nofretete

Die "bunte Königin"

"Kein Bildwerk Altägyptens ist berühmter. Erst als sie vor einem Jahrhundert aus dem Dunkel der Vergessenheit ans Licht trat, wurde die Kunst Ägyptens, vorher eine Sache der Archäologie, Teil der populären Weltkultur. Das Porträt einer Frau von begeisternder Schönheit prägt als Ideal von Anmut und Würde seither das Menschheitsgedächtnis. (...)"

(ebd., S. 36)

Königin Nofretete - Neues Reich, 18. Dynastie, Amarna-Zeit, um 1340 v. Chr., Kalkstein, Gips, Höhe 50 cm, Tell el-Amarna: P 47,2/Raum 19, Schenkung von 1920- Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. 21300; ebd., Abb. S. 37
Königin Nofretete - Neues Reich, 18. Dynastie, Amarna-Zeit, um 1340 v. Chr., Kalkstein, Gips, Höhe 50 cm, Tell el-Amarna: P 47,2/Raum 19, Schenkung von 1920- Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. 21300; ebd., Abb. S. 37

Tell el-Amarna

"Seit 1988 arbeitete der deutsche Ägyptologe Ludwig Borchardt als wissenschaftlicher Attache am kaiserlichen Generalkonsulat in Kairo. Borchardt überzeugte Simon 1901 von der Dringlichkeit deutscher Archäologie in Ägypten. Simon finanzierte den Privatanteil an den Grabungen weitgehend allein, die anderen Mitglieder der Deutschen Orient-Gesellschaft waren weit entfernt von seiner Großzügigkeit in Geldfragen. Die ersten Funde waren Tempelteile des Alten Reiches für Berlin.

1906 gelang es Borchardt, die Grabungslizenz für Tell el-Amarna, die von Amenophis IV. (Echnaton) errichtete neue Stadt 300 Kilometer südlich von Kairo, für Deutschland zu reservieren. Aber erst 1911, als sich Simon bereit fand, die Grabungen auf eigenen Namen und auf vollkommen eigene Rechnung zu unternehmen, begann das weltgeschichtliche Abenteuer, dessen Höhepunkt die Auffindung der Nofretete-Büste war.

Das Grabungsprotokoll vom 6. Dezember 1912 vermerkt: "Beschreiben nützt nichts, ansehen!". Das Wort galt für die ganze, bisher unbekannte naturalistische Kunst der Echnaton-Zeit: Die Welt entdeckte eine bisher unbekannte Epoche der Kunstgeschichte, die der Moderne auf geheimnisvolle Weise nahe stand.

Präsentation der Nofretete-Büste am Fundort: Grabungsaufseher Professor Hermann Ranke (links), ein Vorarbeiter (rechts) sowie zwei sächsische Besucher (im Hintergrund), 6. Dezember 1912; ebd., Abb. S. 17.
Präsentation der Nofretete-Büste am Fundort: Grabungsaufseher Professor Hermann Ranke (links), ein Vorarbeiter (rechts) sowie zwei sächsische Besucher (im Hintergrund), 6. Dezember 1912; ebd., Abb. S. 17.

Weltspitze der Ägyptologie

1913 wurden die Funde aus Tell el-Amarna in Berlin ausgestellt. James Simon schenkte die Nofretete und alle seine Funde im Jahr 1920 dem Museum. Sie lösten eine Welle der Ägypten-Begeisterung in Deutschland aus, die seitdem nie mehr abgeebbt ist. Berlin rückte mit einem Schlag an die Weltspitze der Ägyptologie auf. Die Ägyptologie war es auch, die am Beginn der Beziehung zwischen dem Mäzen und Kaiser Wilhelm II stand und ihn in die Gruppe der "Kaiserjuden" brachte, jenes kleinen Kreises jüdischer Großbürger, mit denen der Monarch ständig Kontakt pflegte.

Kaiser Wilhelm II. in Paradeuniform, Fotografie mit der persönlichen Widmung "In dankbarer Anerkennung für die der Orientgesellschaft geleisteten werthvollen und unermüdlichen Dienste", 1903; ebd., Abb. S. 16
Kaiser Wilhelm II. in Paradeuniform, Fotografie mit der persönlichen Widmung "In dankbarer Anerkennung für die der Orientgesellschaft geleisteten werthvollen und unermüdlichen Dienste", 1903; ebd., Abb. S. 16

Promotor und Finanzier der Deutschen Orient-Gesellschaft

Simon wurde dem Kaiser 1901 - als Promotor und Finanzier der Deutschen Orient-Gesellschaft - während der Kieler Woche vorgestellt. Wilhelms Motive zum Verkehr mit den "Kaiserjuden" waren immer von praktisch-egoistischen Interessen geleitet. Im Falle Simons scheint sich aber auch ein Respekt vor der umfassenden Bildung des Mäzens eingestellt zu haben. Der Kaiser besuchte Simon immer dann, wenn es neue Sammlungsstücke anzusehen gab. So hat er auch 1913 als einer der Ersten die Nofretete-Büste gesehen, war begeistert und bekam von Simon die erste der (bis heute zahllosen!) Kopien geschenkt. Wilhelm unterstützte Simons mäzenatische Unternehmungen durch Schirmherrschaften und eigene Geldbeträge. Dieser bedankte sich mit Hohenzollern-Memorabilien, die er dem Kaiser zu Geburtstagen schenkte. Es scheint tatsächlich eine Art Freundschaft gewesen zu sein, so fern sich die geistig-politischen Welten der beiden Männer auch waren. Simons Versuche etwa, den Kaiser zu einer demonstrativen Geste gegenüber dem nach 1914 wachsenden Antisemitismus zu bewegen, wurden höflich ignoriert (...)"

(ebd., S. 15-16)