Biographie
Der vergessene Mäzen
Biographie eines Philanthropen und Mäzens
"Das Antlitz, das er der Welt geschenkt hat, kennt jeder. Fast dreieinhalbtausend Jahre war das Bildnis der Nofretete im ägyptischen Sand verborgen. Dann kam es 1912 zurück ans Tageslicht und wurde in einem Siegeszug Teil des Bildgedächtnisses der gesamten Welt. Doch den Mann, der dies ermöglichte, kennt so gut wie niemand. Sein Name ist auch den meisten Kulturinteressierten kein Begriff. James Simon, um den es hier geht, ist vielleicht der größte Mäzen, den Berlin je gehabt hat.
Wer waren die Simons ? Die Familiengeschichte ist eine Erfolgsgescichte aus dem Bilderbuch der jüdischen Emanzipationsepoche. In Hinterpommern beginnt der Großvater als Hausierer mit Textilien, gründet dann eine Firma in der Kleinstadt Pyritz. Sein Sohn Isaak wird Schneider in Prenzlau, hat Erfolg, heiratet die Tochter eines Rabbiners und geht zusammen mit seinem Bruder Louis 1838 nach Berlin. Inmitten des Gründungsbooms der expandierenden Großstadt etablieren sich die Simons sehr schnell als Textilhändler und gewinnen aufgrund kluger Strategien innerhalb kurzer Zeit eine marktbeherrschende Stellung. (...)
James Simon, 1851 geboren,
Sein erster Rembrandt
Sobald der junge Simon über freie Mittel verfügen konnte, begann er Kunst zu sammeln. Er begann mit holländischen Gemälden: 1885 erwarb er seinen ersten Rembrandt. Seine Beschäftigung mit der Kunst, vielleicht zunächst so etwas wie ein nachgeholtes geisteswissenschaftliches Studium, stand jedoch nicht im Mittelpunkt. Das Interesse des jungen Simon galt insbesondere der Res publica, dem Gemeinwohl. Politisch selbst tätig zu werden, in den Reihen des Liberalismus, wie es gute jüdische Tradition seit der gescheiterten demokratischen Revolution von 1848 war, ließ er nach reiflicher überlegung sein: Zu enttäuschend war das Schicksal der jüdischen Parlamentarier wie Ludwig Bamberger, der mit den Simons befreundet war. Bamberger, 1848 demokratischer Revolutionär, später einer der ganz großen Parlamentarier und Wirtschaftsreformer Deutschlands, scheiterte mit seinem lebenslangen Ringen um eine Demokratisierung des Deutschen Reiches - und blieb zeitlebens antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. James Simon half den Liberalen diskret, vor allem aber wurde er tätig im vorpolitischen Raum der Fachgremien und Berufsvertretungen. Aber seine ihm liebste Rolle fand der Pragmatiker in der Sozialpolitik auf jenen Problemfeldern, die der Staat, überfordert von den Wellen des sozialen Wandels, nicht wahrnehmen konnte oder wollte (...)"
(ebd, S. 10-12)