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Die Lehre von der Zivilisation und der Kultur (ilm al-umran)

Seine Lehre von der Zivilisation und der Kultur (ilm al-umran) umfasst ausführliche Diskussionen des Verhältnisses von ländlich-beduinischem und städtisch-sesshaftem Leben, das einen für ihn zentralen sozialen Konflikt liefert. In diesem Zusammenhang und mit Hilfe des Konzepts der Asabiyya erklärt er sowohl in der islamischen als auch in der nicht-islamischen Geschichte den Aufstieg und Fall von Zivilisationen, wobei auch die Religion und der Glaube die Wirkung der Asabiyya ergänzen und flankieren kann, wie zum Beispiel während der Herrschaft der Kalifen.

Die Beduinen als Bewohner der ländlichen Regionen haben eine starke Asabiyya und sind fester im Glauben, während die Bewohner der Städte im Verlauf mehrerer Generationen immer dekadenter und korrupter werden, ihre Asabiyya also an Kraft verliert. Nach einer Spanne von mehreren Generationen ist die auf der Asabiyya gründende Macht der städtischen Dynastie derart geschrumpft, dass sie Opfer eines aggressiven Stammes vom Land und mit starker Asabiyya wird, der nach Eroberung und teilweiser Zerstörung der Städte eine neue Dynastie stellt.

Quellen: Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine, Islam-Lexikon. Geschichte-Ideen-Gestalten, Freiburg et al. 1991, Bd.2, S.375; Wikipedia

Tunez © Fundación El Legado Andalusí
Tunez © Fundación El Legado Andalusí

Städtische und stammesorientierte Gesellschaften

Ibn Khaldun unterscheidet zwischen städtischen und stammesorientierten Gesellschaften.Typische Stammesgesellschaften waren für ihn vor allem die der Beduinen, aber auch andere ethnische Gruppen, z.B. die der Berber oder Kurden.

Die "Assabiyya" ist nach seiner Vorstellung in Stammesgesellschaften stärker als in städtischen Gesellschaften. Sie äußert sich in unterschiedlichsten Formen. Beispielsweise ist das Bewußtsein der Abstammung von einem gemeinsamen Vorfahren in Stammesgesellschaften stärker entwickelt als in Städten. In diesen Gesellschaften stünden die Menschen nicht nur im sozialen Miteinander, sondern auch im wirtschaftlichen Handeln stärker für einander ein. In Stammesgesellschaften sei Arbeitsteilung nur wenig entwickelt, während die Bewohner der Städte sich durch eine hohe berufliche Spezialisierung auszeichneten.

Die Zivilisation, die sich in den Städten entwickelt hat, führtseiner Meinung nach dazu, daß das Gemeinschaftsgefühl schwächer werde. Da die Städte für die Angehörigen tribaler Gesellschaften aus vielen, vor allem ökonomischen Gründen als Standort von Interesse sind, bemühen diese sich, sie mit kriegerischen Mitteln zu erobern. Das gelingt ihnen, weil ihr Gemeinschaftsgefühl stark ist und sie durch ihr traditionelles Leben kampferprobt sind.  Nach der Eroberung übernehmen sie die Kontrolle der Stadt, werden jedoch mehr und mehr von deren Zivilisation beeinflußt, so dass ihr Gefühl für Solidarität mehr und mehr verloren geht. So unterliegen sie einer neuen Gruppierung, deren "Asabiyya" noch stärker ist.

Dieser geschichtliche Zyklus setzt sich ständig fort.

Quellen:Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine, Islam-Lexikon. Geschichte-Ideen-Gestalten, Freiburg et al. 1991, Bd.2, S.374-375; Wikipedia

Theoretischer Denkansatz

Das Bemerkenswerte an den Gedankengängen des nordafrikanischen Historikers des 14. Jahrhunderts ist die Tatsache, dass er jede Form theologischer Überlegungen bei seiner Theorie außer acht läßt. Er legt ein völlig säkulares Gedankengebäude vor.

Dieser theoretische Denkansatz hat dazu geführt, dass sich zahleiche Denker, so etwa  der italienische Philosoph und Begründer der Geschichtsphilosophie und Völkerpsychologie Giovanni Battista Vico (1668- 1744) und mit dem Bekanntwerden der "Muqaddima" im Europa des 19. Jahrhunderts über Karl Marx ( 1818-1883), Philosoph und politischer Journalist, sowie der französische Soziologe Émile Durkheim (1858-1917),  bis hin zu R. Thurnwald (1869-1954), einem Ethnozoziologen und Forschungsreisenden mit seinem Werk auseinandergesetzt haben.

So wurden seine Erklärungen zu den Ursachen der Entstehung des Profits und des Kapitals (ra'us'l-māl /"Kapital") als Vorläufer von Karl Marx' Werttheorie angesehen, er wurde als Gründungsvater der Geschichtswissenschaft, der Soziologie und der Politikwissenschaft präsentiert und seit dem 18. Jahrhundert von einer Vielzahl europäischer Autoren auf unterschiedlichste Arten und Weisen interpretiert. Im arabischen Sprachraum wurde sein Werk sowohl zur Begründung antikolonialer Widerstandsbewegungen herangezogen als auch als Erklärung für die sogenannte Unterentwicklung Nordafrikas genutzt.

Von dem Interesse westlicher Gelehrter beeindruckt, begannen wiederum Orientalen sich mit Ibn Khaldun zu befassen. Er ist heute der in der arabischen Welt am häufigsten behandelte mittelalterliche Autor.

Quellen: Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine, Islam-Lexikon. Geschichte-Ideen-Gestalten, Freiburg et al. 1991, Bd.2, S.375; Wikipedia