Die Tyrannei der Schriftquellen?
Überlegungen zum Verhältnis materieller und schriftlicher Überlieferung in der Mittelalterarchäologie
ZUSAMMENFASSUNG:
Die Interaktion zwischen materieller und schriftlicher bzw. bildlicher Überlieferung im Rahmen der Interpretationsebenen archäologischer Befunde und Funde, einer der Themenschwerpunkte der Tagung, deren Beiträge hier vorgelegt werden, ist für die Archäologie des Mittelalters eine Problematik von grundlegender Bedeutung. Seitdem archäologisch erfaßte, materielle Überreste überhaupt als Quellen zur Erforschung des Mittelalters herangezogen werden, stellen sich die Analyse der unterschiedlichen Überlieferungsstränge zu dieser Epoche der Geschichte und vor allem die theoretischen Möglichkeiten einer Verknüpfung ihrer Aussagen im Hinblick auf die Interpretation der archäologischen Überreste als zentrale Fragestellung der achäologischen Mittelalterforschung dar. Zahlreiche Überlegungen zum Aussagepotential der materiellen Überlieferung des Mittelalters, die im Verlauf der Entstehung und Entwicklung des Fachs publiziert wurden, lassen sich daher im Kern auf diese Grundproblematik zurückführen, auch wenn diese selbst dabei bis heute nur selten direkt thematisiert worden ist. Im folgenden soll versucht werden, in einem forschungsgeschichtlichen Überblick die unterschiedlichen gedanklichen Ansätze zu dieser Frage und damit zugleich die verschiedenen Modelle eines erkenntnistheoretischen Zugangs zur Interpretation archäologischer Quellen des Mittelalters darzustellen. (...)
(Auszug aus: Scholkmann, Barbara: Die Tyrannei der Schriftquellen? Überlegungen zum Verhältnis materieller und schriftlicher Überlieferung in der Mittelalterarchäologie, ebd., S. 239-240)