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Gastbeitrag

Unter dieser Rubrik kommen seit 2006 auf besondere Einladung Gastautoren und -autorinnen zu Wort. Die Welt der germanistischen Rechtsgeschichte beschränkte sich nie nur auf ein "germanistisches" oder ein "deutsches Element". Dennoch sind nicht selten auch für uns wichtige Forschungen von außerhalb des deutschen Sprachraums zu wenig bekannt. In den Gastbeiträgen sind Autoren solcher Forschungen daher zu zusammenfassenden Artikeln eingeladen.

Für 2008 wurde Olivier Jouanjan gewonnen. Nach längerer Vorbereitung durch eine Reihe von wichtigen Aufsätzen liegt seit 2005 seine dezidierte neue Darstellung "Une histoire de la pensée juridique en Allemagne (1800-1918)" vor uns. Die deutsche Rechtswissenschaftsgeschichte hat eine solche neue Synthese noch nicht gewagt. Sie ist längst überfällig, denn die gängigen Leitdarstellungen, d. h. Franz Wieackers "Privatrechtsgeschichte der Neuzeit", im Kern von 1952, und Karl Larenz' historischer Teil der "Methodenlehre", im Kern von 1960, sind zwar Stück für Stück überprüft und als vielfach allzu zeitbedingt und schief erwiesen. Das äußerst polemische Geschichtsbild der 1930er Jahre hinterließ hier tiefe Spuren. Dies gilt gerade für die großen Epochenbegriffe wie Historische Schule, Germanistik, Positivismus, Begriffsjurisprudenz, Interessenjurisprudenz, Weimarer Richterkönigtum, NS-Jurisprudenz und Naturrechtsrenaissance. Für die Kenner sitzt hier schon seit gut 20 Jahren kein Stein mehr auf dem anderen. Aber eine neue Synthese fehlt. Und so tragen die Generalisten und Nichtspezialisten der Jurisprudenz und erst recht die anderer Fächer immer noch die allgemeinen Auskünfte und Linien dieser Darstellungen und ihrer zahlreichen Epigonen einfach weiter.

Umso wichtiger ist es, nun eine konzentrierte und dezidierte neue Darstellung fr die wesentliche Formationsepoche von ca. 1800-1918 vorstellen zu können, in der die deutsche Rechtswissenschaft europäische Leitwissenschaft war. Jouanjan durchbricht die alten Vorstellungen mit eigenständiger Quellenlektüre, er verbindet die juristischen Fachprovinzen Zivilrecht und öffentliches Recht, er beherrscht die hohen wissenschafts-theoretisch-philosophischen Ansprüche der großen Juristen dieses Jahrhunderts, er setzt klare Akzente und er schreibt nicht zuletzt aus einer hilfreich distanzierten Perspektive.

Olivier Jouanjan

arbeitet seit 1994 als Professor für öffentliches Recht an der Universität Robert Schumann, Straßburg III, und ist seit 2004 Honorarpofessor an der Universität Freiburg im Breisgau. Seine Thèse zum Gleichheitsprinzip schrieb er 1990 in Dijon. Er erwarb den Agrégé im Öffentlichen Recht 1992 und daneben die Licence in Philosophie. Mehrfache Auszeichnungen (u.a. Prix de thèse Henri Gazin, Juniormitglied des Institut Universitaire de France, Humboldt-Forschungspreis) und ehrenvolle institutionelle Aufgaben (u.a. Masterprogramm EUCOR, Direktor der Straßburger Doktoratsschule für Recht und politische Wissenschaft, Leitung der deutsch-französischen Kolloquien über Öffentliches Recht Präsident der Société francaise pour la philosophie et la théorie politiques et juridiques) würdigten seine Talente. Der deutschen Forschung ist er verbunden durch vielfache Aufenthalte besonders in Heidelberg, Freiburg, Hamburg und Frankfurt, durch bemerkenswerte Übersetzungen ins Französische (u.a. 1996 F. Müller: Juristische Methodik; 2000 E.-W. Böckenförde: Recht, Staat, Verfassung) und zahlreiche Abhandlungen.

Sein Beitrag präsentiert uns eine neu erarbeitete Sicht der "philosophischen Verwicklungen" im deutschen Rechtsdenken des 19. Jahrhunderts. Es geht um die Denkfiguren, die Sprachspiele, die Denkobjekte, kurz: die Methoden und signifikante Grundbegriffe prägender Juristen von Savigny bis Jellinek. Die kleine Studie kann natürlich den Reichtum des Buches nicht erschöpfen. Aber sie kann und soll nachhaltig aufmerksam machen.

(Rückert, Joachim, ebd., S.366)

 

Böhlau Verlag

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