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Die syro-aramäische Lesart des Koran

Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache

Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache

"Viele dunkle Stellen, die in über 1000 Jahren Arbeit am heiligen Text selbst für arabische native speakers rätselhaft bleiben, kann Luxenberg erhellen. Der Clou seiner Arbeit: Der Text des Korans zeigt sich in ungeahntem Maße von syrisch-christlichen Elementen durchwebt. In manchen Internet-Foren versucht man Luxenberg mit dem Vorwurf zu erledigen, er wolle den Muslimen das Heiligste nehmen. Das ist ein durchsichtiges Manöver. Unterschlagen wird dabei, dass Luxenbergs Werk nicht nur eine Pointe für die Muslime, sondern auch für die Christen hat. Auch sie werden gezwungen, im vermeintlich anderen das Fortleben der eigenen Tradition zu erkennen - und zwar ohne das übliche Kulturdialog-Gequatsche, nur mit den Mitteln der Philologie."

(DIE ZEIT)

Syro-Aramäisch

Mit dieser Studie wird ein Teil umfangreicher Untersuchungen zur Sprache des Koran der Öffentlichkeit vorgelegt. Der für eine umfassende Darstellung erforderliche Zeitaufwand hat zu der Überlegung geführt, die Veröffentlichung einer Auswahl der Ergebnisse nicht weiter hinauszuzögern. Daran wird die Hoffnung geknüpft, der Koranforschung Anstöße zu einer ersten Diskussion über die Methoden und die daraus folgenden inhaltlichen Deutungen des Korantextes zu geben.

Mit Syro-Aramäisch (eigentlich Syrisch) ist ursprünglich der in Edessa und dem umliegenden Gebiet im nordwestlichen Mesepotamien gesprochene und seit der Christianisierung bis zur Entstehung des Koran als Schriftsprache vorherrschende Zweig des Aramäischen im Vorderen Orient gemeint. Das Aramäische war über ein Jahrtausend die Lingua franca im gesamten vorderasiatischen Raum, bevor es vom Arabischen ab dem VII. Jahrhundert nach und nach verdrängt wurde.

Syrisch sollen erst die Griechen das Aramäische genannt haben. Diese Bezeichnung übernahmen dann die christlichen Aramäer, die sich dadurch von ihren heidnischen Landsleuten unterscheiden wollten. Syrisch nennen auch die Araber in ihrem frühen Schrifttum (wie der Ḥadīt-Literatur) dieses christliche Aramäisch, was für die Bedeutung dieser Sprache zur Zeit der Entstehung des schriftlichen Arabisch spricht.

Als Schriftsprache erlangte das Syro-Aramäische insbesondere mit der vermutlich schon im II. christlichen Jahrhundert entstandenen Bibelübersetzung einen solchen Einfluß, daß es sich bald über die Grenzen des syrischen Raumes hinaus, u.a. nach Persien erstreckte. Von besonderem Umfang ist das christlich-syrische Schrifttum, das vorwiegend als theologische Literatur seine Blütezeit vom IV. bis ins VII. Jahrhundert erlebte.

Mit der syro-aramäischen Lesart des Koran erhebt diese Studie keineswegs den Anspruch, alle Rätsel der Koransprache zu lösen. Sie ist lediglich ein Versuch, manche Unlarheiten der Koransprache unter diesem spezifischen Blickwinkel zu beleuchten. Die Tatsache nämlich, daß das Syro-Aramäische die bedeutendste Schrift- und Kultursprache des Raumes war, in dessen Umfeld der Koran zu einer Zeit entstanden ist, da das Arabische noch keine Schriftsprache war und die gebildeten Araber sich seinerzeit des Aramäischen als Schriftsprache bedienten, legt den Gedanken nahe, daß die Initiatoren der arabischen Schriftsprache ihre Vorbildung im syro-aramäischen Kulturraum erlangt hatten. Bedenkt man zudem, daß diese Araber zumeist christianisiert waren und zu einem großen Teil an der christlich-syrischen Liturgie teilnahmen, dann liegt nichts näher, als daß diese naturgemäß Elemente ihrer syro-aramäischen Kult- und Kultursprache ins Arabische eingebracht haben. Aufzuzeigen, in welchem Umfang dies im Koran der Fall ist, hat sich diese Studie zur Aufgabe gemacht. Die darin vorgestellten Proben mögen exemplarisch zu einer über das Syro-Aramäische teilweise erzielbaren Entschlüsselung der Koransprache dienen.

(...)

(Auszug aus dem Vorwort, ibid. S. 9-11)

Der Koran - ( arabisch قرءان / Qur'ān)

die heilige Schrift des Islam, enthält nach islamischer Tradition die zuletzt unter dem dritten Kalifen 'Utmān (Osman) ibn 'Affān (644-656 n. Chr.) schriftlich fixierten Offenbarungen des Propheten Muḥammad (Mohammed) (570-632 n. Chr.), deren Verkündigung in Mekka und Medina sich über einen Zeitraum von rund zwanzig Jahren (ca. 612-632 n.Chr.) erstreckt hat.

Als erstes in arabischer Sprache abgefaßtes Buch, das uns überliefert ist, gilt der Koran für Arabischsprachige als Begründer der arabischen Schriftsprache und als Ausganspunkt einer im hohen Mittelalter zu einer geistigen Blüte entfalteten arabischen Kultur. Nach islamischer Theologie gilt dessen Inhalt darber hinaus als das in arabischer Sprache offenbarte ewige Wort Gottes.

Nichtmuslime sehen im Koran ein Kulturgut der Menschheit. Sieleiten daraus ihr Interesse und ihre Berechtigung ab, dieses literarische Denkmal in kultur- und religionshistorischer wie auch in philologische Hinsicht zu erforschen. Gerade dem philologischen Gesichtspunkt gilt hier unser Augenmerk. Denn aus einem in weiten Teilen des Koran philologisch nicht geklärten Text, wie es nicht nur die abendländischen Koranforscher, sondern auch die arabischen Philologen selbst eingestehen, besteht naturgemäß die Gefahr, Fehlschlüsse zu ziehen. Daher das grundlegende Interesse nicht nur für den Kultur- und Religionshistoriker, sondern vor allem für den Philologen, sich vorrangig um die Klärung des koranischen Textes zu bemühen.

Ansätze in diese Richtung gingen bereits von der abendländischen Koranforschung des 19. Jahrhunderts aus (...)

Der von der abendländischen Fachwelt nie widerlegte Beitrag Minganas(1) zum syrischen Einfluß über den Stil des Koran hätte indessen die Koranforschung weitergebracht, wenn man die vor nahezu einem dreiviertel Jahrhundert dort theoretisch angezeigten Richtlinien aufgegriffen nd konsequent fortgeführt hätte. Die zur Begründung dieser These aufgeführten Beispiele waren aber offensichtlich unzureichend. Dennoch wird Mingana mit seiner statistisch annähernden Schätzung des fremdsprachigen Anteils des Koran von der Wahrheit nicht weit entfernt gewesen sein.

Von der Bemessungszahl 100 ausgehend, teilt er diesen Anteil folgendermaßen auf: fünf Prozent Äthiopisch, zehn Prozent Hebräisch, zehn Prozent Graeco-Romanisch, fünf Prozent Persisch, und nahezu 70 Prozent Syrisch (=Syro-Aramäisch) einschließlich Aramäisch und Chistlich-Palästinisch (s. a.a.O., 80). Die Belege, die er dazu bringt, teilt er anschließend in fünf Kategorien: a) Eigennamen, b) religiöse Termini, c) Ausdrücke der Gemeinsprache, d) Orthographie, e) Satzkonstruktionen, f) fremde historische Referenzen.

Während die Angaben zu a), b) und d) (I., II., IV.) meist hinlänglich bekannt sind, fallen die Belege zu c) (III.) relativ dürftig aus, da ja gerade Ausdrücke der Gemeinsprache den Hauptanteil der Koransprache ausmachen. Punkt e) (V.) dagegn untersucht er unter vier Gesichtspunkten, die als Grundlage einer weitergehenden Erforschung hätten dienen können. Voraussetzung dazu wäre jedoch eine Beherrschung der syro-aramäischen wie auch der arabischen Sprache zur Entstehungszeit des Koran. Bei f) (VI.) schließlich handelt es sich im Wesentlichen um eine thematische Untersuchung des Korantextes, der insbesondere das vorgenannte Werk Speyers (2) teilweise mit überzeugenden Ergebnissen nachgegangen ist

(...)

 

Nachschlagewerke

Die vorliegende Studie ist unvoreingenommen, d. h. unabhängig von den vorgenannten abendländischen Forschungsarbeiten und der koranbezogenen arabischen Philologie und Exegese entstanden. Diese wären auch der hier zur Erforschung der Koransprache nach und nach erarbeiteten Methode eher abträglich gewesen. Nur zum Vergleich werden sie bei der philologischen Besprechung der jeweiligen Koranstellen herangezogen. Bei der Besprechung der klärungsbedürftigen koranischen Ausdrücke wird auf  folgende arabische Nachschlagewerke Bezug genommen:

a) den wichtigsten arabischen Korankommentar des Ṭabarī (gest. 310 H./923 n.Chr.), der frühere Korankommentare berücksichtigt: Abū Ğa'far Muḥammad b. Ğarīr aṭ-Ṭabarī,ءن  تاويان آي ااقر آن خامع اابيان Ğami' al-bayān 'an ta'wīl āy al-Qur'ān (30 Teile in 12 Bde.), 3. Aufl., Kairo 1968 (im folgenden zitiert: Ṭabarī, Teil, Seite);

b) das Hauptlexikon der arabischen Sprache لساان العر ب / Lisān al-'arab des Ibn Manūr (1232-1311 n. Chr.), basierend auf der mit کتاب العين  / Kitāb al-'ayn von al-Ḫalīl b. Aḥmad (gest. um 786 n. Chr.) in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts einsetzenden arabischen Lexikographie: Abū l-Faḍl Ğam āl ad-Dīn Muḥammad b. Mukarram b. Manūr al-Ifrīqī al-Miṣrī, Lisān al'arab ("Zunge" der Araber), 15 Bde., Beirut 1955-1956 (im folgenden zitiert: Lisān, Bd., S., Kol. a/b). 

Ferner werden die Übersetzungen der letzten Hauptrepräsentanten der abendländischen Koranforschung zum Vergleich in folgender Reihenfolge angeführt: Rudi Paret (deutsch), Régis Blachère (französisch), Richard Bell (englisch) 

(...)

Die angeführten Übersetzungen sollen zeigen, wie die abendländische Koranforschung, auch bei kritischer Verwertung der arabischen Koranexegese, die betreffenden Koranstellen bisher verstanden hat. Dabei werden die neu zu interpretierenden Ausdrücke unterstrichen. Anschließend folgt der Übersetzungsvorschlag nach syro-aramäischem, gegebenenfalls auch nach arabischem Verständnis mit den jeweiligen philologischen Erläuterungen.

(...)

(Auszug aus Kap. 2. Nachschlagewerke, ibid. S. 21-23)

 


  • ALPHONS MINGANA (1881-1937), Syriac Influence on the Style of the Kur'ān, in: Bulletin of John Rylands Library, 77-98, Manchester 1927.

In diesem Aufsatz knüpft Mingana, seiner Herkunft nach Ostsyrer, an die beiden letzgenannten Autoren an und bemängelt in deren Analysen die unzureichende Kritik am Korantext selbst. Mit seinem Hinweis auf den syro-aramäischen Einfluß auf den Stil des Koran schlägt er gewissermaßen eine Brücke zwischen der These Vollers vom dialektalen Ursprung des Koran und der von Nöldeke verfochtenen klassischen These. Die Beispiele, die er zur Begründung seiner Ansicht in diesem Aufsatz anbringt, verhalfen ihm jedoch wohl deshalb nicht zum Durchbruch, weil sie von ihrem Umfang her weit unter dem zurückblieben, was teilweise schon von den arabischen Philologen, erst recht aber von den abendländischen Koranforschern als Entlehnungen aus dem Aramäischen bzw. Syrischen erkannt worden war. Der Weg, den er aber vorschlug, wäre durchaus dazu geeignet gewesen, der Rätsellösung der Koransprache näherzukommen. Die mangelnde Überzeugung, dies nachzuvollziehen, hat wohl jedoch dazu geführt, daß nach ihm kein anderer Koranforscher diesen Weg weiter verfolgte.

 

  • HEINRICH SPEYER (1897-1935), Die biblischen Erzählungen im Qoran, (Breslau?) 1931  (Nachdruck Hildesheim 1961).

Dieses Werk setzt in weit größerem Umfang die eingangs genannte Arbeit Geigers fort. Dem Autor gelingt der eindrucksvolle Nachweis vieler biblischer Stellen im Koran nicht nur aus der kanonischen Bibel, sondern auch aus den jüdischen und christlichen Apokryphen und Literaturen. Die in seinem Anhang unter Index II aufgeführten koranischen Ausdrücke leisten einen weiteren Beitrag zu deren Klärung, werden aber philologisch nicht näher untersucht. Wohl aus diesem Grunde scheint Jeffery diese Arbeit im nachfolgend genannten Werk nicht beachtet zu haben.

SCHILER
Luxenberg, Christoph, The Syro-Aramaic Reading of the Koran. A Contribution to the Decoding o the Languge of he Koran, Berlin: Verlag Hans Schiler 2007.
Luxenberg, Christoph, The Syro-Aramaic Reading of the Koran. A Contribution to the Decoding o the Languge of he Koran, Berlin: Verlag Hans Schiler 2007.

A Contribution to the Decoding of the Koran - This book approaches the Koran with the tools of modern scientific philology, and outlines a method to shed light onto koranic passages that are among those counted as 'dark' or 'mysterious'. Revised and expanded translation of the wave-making German original.

The most fascinating book ever written on the language of the Koran, and if proved to be correct in its main thesis, probably the most important book ever written on the Koran.

(The Guardian)