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Gemeinsames Erbe der Menschheit

Zwei Internationale Vertragswerke

Die UNESCO-Konvention von 1970 stützt sich in ihrer Präambel auf die Erwägung, dass

"der Schutz des kulturellen Erbes nur wirkungsvoll sein kann, wenn er sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene durch enge Zusammenarbeit der Staaten gestaltet wird"

Umgekehrt nehmen die UNESCO-Konventionen von 1954 und 1972 die von ihnen geschützten Kulturgüter nicht aus der Hoheitsgewalt ihrer Unterzeichnerstaaten heraus.  Ausdruck findet dieser kulturelle Internationalismus in dem Bekenntnis ihrer Präambeln, dass

"jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganze Menschheit bedeutet"

und

"der Verfall oder der Untergang jedes einzelnen Bestandteils des Kultur- oder Naturerbes eine beklagenswerte Schmälerung des Erbes aller Völker der Welt darstellt."

Kulturnationalismus und kultureller Internationalismus

Kulturnationalismus und kultureller Internationalismus stehen zwar in einem Spannungsverhältnis zueinander, schließen sich jedoch gegenseitig nicht aus. Beide  Strömungen berufen sich  auf den völkerrechtlichen Grundsatz  vom "common heritage of mankind" als einem übergeordneten Prinzip. Dieser Gedanke wurde zuerst im See-, Weltraum- und Antarktisrecht entwickelt. Seine Bedeutung liegt darin, dass staatsfreie Räume ihren internationalen Status behalten müssen und ihre Nutzung im Interesse der gesamten Menschheit zu erfolgen hat. Kulturgüter hingegen bewegen sich nicht im staatsfreien Raum, sondern sind stets der staatlichen Souveränität ihres jeweiligen Belegenheitsstaates unterstellt. Eine Zuordnung an die Menschheit als Völkerrechtssubjekt ist nicht möglich. Demnach soll der Gedanke vom gemeinsamen Erbe der Menschheit im Bereich des Kulturgutschutzes eine Art Treuhandschaft der Staaten über das in ihrem Territorium belegene  Kulturgut für die gesamte Menschheit beinhalten. (vgl. Hipp, S.17-18)

Es zu schützen und für die Nachwelt zu bewahren ist Aufgabe internationaler Zusammenarbeit.

UNESCO / UNIDROIT

Der illegale Handel mit Kulturgütern, Raubgrabungen in Form vollständiger Zerstörung der Bodenarchive und die damit einhergehende Kriminalität zur Befriedigung der ständig steigenden Nachfrage an archäologischen, ethnologischen und kultischen Objekten haben für unser gemeinsames kulturelles Erbe ein teilweise vernichtendes Ausmass angenommen, das nach einer Internationalisierung der rechtlichen Gesetzgebung drängt.

Die Betrachtung der zivilrechtlichen Probleme des illegalen Handels mit Kulturgut hat verdeutlicht, dass das nationale Zivilrecht erhebliche Lücken im Kulturgutschutz zulässt. Auch die internationale Rechtslage ist im Hinblick auf einen effektiven Kulturgutschutz unbefriedigend.

Zwei internationale Vertragswerke stehen zur Diskussion:

 

  • Die UNESCO-Kovention vom 17. November 1970 über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut

und

  • Die UNIDROIT-Konvention über gestohlene oder rechtswidrig ausgeführte Kulturgüter vom 24. Juni 1995

Pro und Contra

Die UNESCO-Konvention ermöglicht den Vertragstaaten ein breites Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten unter Angleichung der Bestimmungen in das innerstaatliche Rechtsverständnis. Die UNESCO-Konvention, regelt den internationalen Kulturguttransfer und soll insbesondere den Missbräuchen im internationalen Handel mit Kulturgütern entgegentreten. Im Gegensatz zur UNIDROIT-Konvention ist das UNESCO-Übereinkommen nicht direkt anwendbar, d.h. jeder Staat muss diese Konvention auf nationaler Ebene umsetzen und in sein nationales Recht integrieren. Zudem richtet sich die UNESCO-Konvention - im Gegensatz zur UNIDROIT-Konvention (vgl. Kapitel II, Rückgabe gestohlener Kulturgüter) - nicht direkt an Privatpersonen, sondern verpflichtet die Konventionsstaaten, gesetzgeberische und administrative Massnahmen zum Schutz von Kulturgut zu ergreifen. Die Bestimmungen der UNESCO-Konvention haben nur zwischen Vertragsstaaten Gültigkeit. Der Vorteil der UNESCO-Konvention liegt darin, dass diese offen formuliert ist, so dass jeder ihr beitretende Staat die Verpflichtungen mittels geeigneter Bestimmungen und Maßnahmen seiner eigenen nationalen Situation und Anschauung anpassen kann.

Nicht nur die Meinungen über die UNESCO-Konvention divergieren. Auch die Bestimmungen der UNIDROIT-Konvention - diese sind weit gefasst und geben den Vertragstaaten weitreichende Möglichkeiten, Kunst- und Kulturobjekte unterschiedlichster Art vom freien Handel auszunehmen - führten zwangsläufig zu heftigen Diskussionen unter den Experten aus Wissenschaft  und Kultur.

Die UNIDROIT-Konvention wird bisweilen wegen ihrer starren und doch sehr weitgreifenden Konzeption kritisiert. (Wiederkehr Schuler, S.34)

Dieses Übereinkommen  tritt bei Unterzeichnung direkt in Kraft und unterbindet damit eine unterschiedliche Handhabung mittels nationaler Gesetzgebung.

Insbesondere die Kritik und mangelnde Akzeptanz, welche die UNESCO-Konvention 1970 seitens der westeuropäischen Länder insbesondere wegen der in ihrem Art. 7 lit.b) Ziff. ii)  vorgesehenen Restitution gutgläubig erworbenen Eigentums erfahren musste, hatte Anlass zur Erarbeitung des UNIDROIT-Übereinkommens gegeben.

Das UNIDROIT- Übereinkommen von 1995 eröffnete unter Beachtung seiner Bemühungen um eine internationale Rechtsvereinheitlichung neue Perspektiven.

Die UNIDROIT-Konvention führt sowohl für gestohlenes als auch für illegal exportiertes Kulturgut einen generellen, vom Gutglaubenserwerb  unabhängigen Rückgabeanspruch gegen angemessene Entschädigung des gutgläubigen Erwerbers ein. 

Auf diese Weise wird ein einheitlich geltendes Sonderprivatrecht für den grenzüberschreitenden Kulturgüterverkehr eingeführt. (Hipp, S.201)

 

Fazit

Aus den bisherigen Vorträgen, Diskussionen und Protesten wurde offensichtlich, dass  die gegenwärtigen Entwicklungen nach einem rechtlich konsequenten Kulturgüterschutz drängen, der nach Ansicht vieler Experten erst durch eine "Umkehr der Beweislastregelung" zu verwirklichen sein wird. 

Die deutsche Regierung hat  nach 36 Jahren trotz langjähriger  Bedenken mit der mehrheitlichen Abstimmung  für das nun vorliegende Ausführungs-Gesetz zur UNESCO-Konvention einen Schritt zum Kulturgüterschutz beigetragen. Die eigentlichen Zielsetzungen der UNESCO-Konvention wurden  - so die Meinung zahlreicher Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen von Wissenschaft und Kultur - keineswegs erreicht. Eine Ratifizierung der UNIDROIT-Konvention scheint nach ihrer Ansicht nahezu unumgänglich.

Die gegenwärtige Situation in Deutschland, die höchst brisant von der Gesetzgebung zur Umsetzung der  UNESCO-Konvention gekennzeichnet ist, verlangt nach einem effektiven internationalen Kulturgüterschutz, der allein mit einer konsequenten Entscheidung im Bewusstsein um den Wert unseres gemeinsamen einzigartigen kulturellen Erbes, zu erreichen sein wird.

 

© Ulrike-Christiane Lintz, 01.03.2007